Video von TRP1: http://www.trp1.de/feuerwehr-uebt-sich-an-neuen-rettungsgeraeten/

Seminarziel

Die FF Schärding beschäftigt sich bereits seit Jahren mit der patientengerechten Menschenrettung nach Verkehrsunfällen. Höhepunkt dieser Ausbildung war das zweitägige Seminar am 10. und 11. März 2017 mit Unterstützung der Fa. Weber-Rescue im Bereich der Ausbildner und Vortragenden. Schwerpunkt sollten dabei Unfälle mit LKW’s und Bussen sein. 35 Einsatzkräfte der FF Schärding, 5 Mitglieder der Feuerwehr St. Florian am Inn und 2 Teilnehmer von der Feuerwehr Ruhstorf an der Rott nahmen daran teil.

Gerade die technische Weiterentwicklung in den letzten Jahren hat hierbei viele neue Herausforderungen für die Einsatzkräfte geschaffen. Härtere Stähle, Polycarbonat-Scheiben, elektronische aktive und passive Sicherheitseinrichtungen,… machen es nötig, dass sich auch die Ausbildung der Einsatzkräfte weiterentwickelt. Eine spezielle Herausforderung im Vergleich zum PKW-Unfall stellt natürlich auch die Arbeitshöhe dar.

 

Vorbereitung

Rund drei Jahren dauerte die Vorbereitung auf dieses Seminar. Die Qualität steht und fällt hier mit dem Ausbildungsmaterial. Eine Busübung ohne Bus ist nicht ganz so viel wert. So wurden in mühevoller Kleinarbeit 3 Busse – davon 2 von der Fa. Heuberger, 4 nagelneue LKW-Kabinen von der Fa. MAN Steyr, 3 Kabinen von der Fa. Leidinger, je ein LKW der Fa. Weyland und der Fa. RLG Nutzfahrzeuge aus ganz Oberösterreich gesammelt. Als Ausbildungs- und zuvor Lagergelände für die Sammlungsobjekte – stellte die Fa. Mercedes Luger das Firmenareal zur Verfügung. Mit der Fa. Weber-Rescue wurde auch ein Partner gefunden, welcher realitätsnahe das nötige Fachwissen vermitteln konnte und bei den Praxisstationen perfekte Ausbildner zur Verfügung stellte. Auch dies wurde bereits ein Jahr im Voraus fixiert. Die weiteren Schritte waren die Detailvorbereitung und die realitätsnahe Deformierung der Fahrzeuge, welche mit Unterstützung der Bagger der Firma LoMo St. Florian in mühevoller Kleinarbeit erfolgte. Die LKW-Kabinen mussten so fixiert werden, dass eine realistische Übungshöhe garantiert werden konnte, Puppen wurden eingeklemmt und Vieles mehr.

Aufbauend auf das Grundwissen stand bei der FF Schärding an den letzten Dienstagen die Vorbereitung auf dieses Seminar auf dem Übungsplan. Standardeinsatzregeln bei Verkehrsunfällen, alternative Antriebstechnologien, Umgang mit den unterschiedlichen Geräten, Einsatz der Bergeplattformen, … all dies wurde noch gefestigt, um gut auf das Seminar vorbereitet zu sein.

 

Theorie

In einem theoretischen Vortrag am Freitagabend wurden die wichtigsten Merkmale, Einsatzregeln, Gefahren und Vorgehensweisen anhand von Bildern von Realeinsätzen praktisch vermittelt. Auch auf alternative und neue Technologien im Antriebsbereich wurde eingegangen, so kommen auch in großen Gefährten Elektroantriebe, Wasserstoffantriebe, Erdgasantriebe und sogar „Mischvarianten“ … zum Einsatz und fordern so die Einsatzkräfte.

 

Durchführung 3 Stationen

Die 42 Kameraden der Feuerwehren Schärding, St. Florian und Ruhstorf an der Rott (Bayern) wurden in drei Gruppen aufgeteilt, welche im Wechsel die drei Stationen abarbeiteten:

Station 1 – Buslenker nach Frontalcrash eingeklemmt

Bereits bei der Lageerkundung wurde deutlich, dass sich ein Busunfall ganz wesentlich von allen anderen Unfällen unterscheidet. Weite Wege, möglicherweise viele Verletzte und der Lenker, der so zusagen direkt in der Auslage sitzt. Welche Erkundung kann man von außen vornehmen, wie schafft man eine Zutrittsöffnung, wie stellt man sicher, dass die pneumatischen Türen nicht wieder schließen, wie stabilisiert man einen Bus, … all diese Fragen stellten sich die Einsatzmannschaften und arbeiteten im Anschluss den Einsatzauftrag ab. Ziel war die patientengerechte Rettung des eingeklemmten Buslenkers. In weiterer Folge wurden noch weitere mögliche Szenarien durchbesprochen und beübt wie zum Beispiel die Entfernung von Sitzreihen, die Entfernung der großen Frontscheibe, Seitenscheiben, …

Station 2 – LKW-Fahrer in Fahrerkabine eingeklemmt

Ein eingeklemmter LKW-Lenker stellt immer eine große Herausforderung dar, wenngleich es sich bei diesem Szenario „nur“ um eine 80 kg Puppe gehandelt hat. Die Sicherung der LKW-Kabine (mittels Spanngurt – da möglicherweise die Befestigung der Kabine auf dem Rahmen gekappt und damit wirkungslos sein könnte), die Zugänge, die Problematik mit großen Höhen und die schwierige Schaffung einer Erstöffnung und eines Erstzugangs für den Notarzt - all dies musste hier in der Praxis berücksichtigt werden. Die beiden LKW-Rettungsplattformen, welche im Schweren Rüstfahrzeug der FF Schärding mitgeführt werden, leisteten hierbei eine wesentliche Hilfe. Aber auch Alternativen wie Ladebordwand eines Lastfahrzeugs, der Einsatz der Drehleiter oder einfach ein Leerpalettenstapel eines im „Stau stehenden“ LKW’s können hier hilfreich sein. „Viele Wege führen nach Rom und es gibt auch bei einer Personenrettung unterschiedlichste Lösungsmöglichkeiten“, so die Ausbildner. Die bei einem PKW-Unfall meist einfache Entfernung der Fahrertüre stellt beim LKW eine große Herausforderung dar. Sie wiegt bis zu 100 kg und ist meist in mehr als 2 Meter Höhe gehaltert– ohne die Sicherung mittels Leine von der gegenüberliegenden Seite kann diese sicher nicht gefahrlos entfernt werden. Und auch dann, wenn der Lenker nicht mehr eingeklemmt ist, ist es eine Herausforderung diesen achsengerecht aus dem Führerhaus zu hieven.

Station 3 – Bus umgekippt – Person darunter eingeklemmt

Bei der dritten Station war ein liegender Bus Ausgangssituation. Eine Übungspuppe war darunter eingeklemmt. Diese musste so rasch wie möglich unter Einsatz von Hebekissen schonend geborgen werden. In weiterer Folge galt es, alternative Zutrittsmöglichkeiten ins Businnere zu finden bzw. zu schaffen. Ob durch die Frontscheibe, durch die Dachluke oder durch Aufschneiden des Daches selbst - es gibt viele Möglichkeiten. Auch ein Eindringen durch die Bodenplatte – was sicher nur die allerletzte Möglichkeit darstellt und wo auch die Gepäcksfächer bei einem Reisebus überwunden werden müssen – wurde praktisch beübt. Wie entfernt man bei einem liegenden Bus Sitze, wie löst man Einklemmungen und zuerst „wie bewegt man sich in einem liegenden Bus vorwärts“, all diese Aufgabenstellungen konnten praktisch getestet werden.

Im Anschluss an den Stationsbetrieb führte noch eine Mannschaft die Aufrichtung des umgestürzten Busses mit Einsatz von Hebekissen und mit Gegensicherung über eine Seilwinde und einen Greifzug vor.

Das perfekte Übungsgelände leistet seinen Beitrag, sodass ein zeitsparender Ablauf möglich war. Viel Platz für die Stationen, die sich nicht gegenseitig störten, andererseits kurze Wege zwischen den Bereichen. Das Gelände der Fa. Mercedes Luger bot dafür alle Voraussetzungen. In der Fahrzeughalle war für Pausengetränke und Mittagessen alles vorbereitet um auch hier nicht zu viel Zeit zu verlieren. Das Wetter war mit Sonnenschein perfekt, aber auch für einen Regentag hätte die Location gut gepasst, weil auch die Nutzung der LKW-Werkstätte möglich gewesen wäre – was glücklicherweise nicht notwendig war. Für den reibungslosen Ablauf war auch der Einsatz eines geländegängigen Teleskopladers wichtig – er leistete in den Umbau- und der Aufräumphase seinen Beitrag.

 

Zusammenarbeit wichtig

Die Zusammenarbeit mit den Nachbarfeuerwehren ist enorm wichtig, weshalb auch 5 Kameraden der FF St. Florian am Inn – welche auch im Einsatzfall mit der FF Schärding zusammenarbeiten – mit von der Partie waren. Die FF St. Florian kümmerte sich dankenswerterweise auch um die Verpflegung der Übungsteilnehmer. Auch zwei Kameraden aus Ruhstorf brachten sich mit ihren Erfahrungen bestens ein und garantierten so den grenzüberschreitenden und internationalen Erfahrungsaustausch.

 

DANKE und Fazit

Ein Dank gilt allen, die an der Vorbereitung und Durchführung der Übung einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, allen voran aber den 42 Einsatzkräften, welche sich Freizeit genommen haben für diese intensive Ausbildung.

In dieser Form war die Ausbildung einzigartig in Oberösterreich.

„Durch dieses Seminar sind wir wieder ein Stück besser auf solch schwere Einsätze vorbereitet, es hat uns ganz klar aber auch gezeigt, welche Herausforderungen bei solchen Szenarien bewältigt werden müssen,“ freut sich Feuerwehrkommandant und Seminarleiter Michael Hutterer.

 

Doppelt gemoppelt

Am darauffolgenden Wochenende werden die Feuerwehren des Abschnittes Schärding welche über ein hydraulisches Rettungsgerät verfügen die gleiche Ausbildung absolvieren, um auch hier den Ausbildungsstand zu erhöhen.